Für meine Unterrichtsvorbereitungen kopiere ich mir neben den Übungen, die ich meine Schüler machen lasse, immer auch die dazugehörigen Lösungen in meine OneNote-Unterrichtsseiten, um im Bedarfsfalle nicht lange suchen zu müssen. Da wir den Lambacher Schweizer an unserer Schule verwenden, stammen diese vom Klett-Verlag.
Bei der Besprechung einer etwas schwierigeren Aufgabe, die ich einer neunten Klasse im Unterricht hatte lösen lassen, meldete sich ein Schüler für Teil c) dieser Aufgabe und schrieb eine mustergültig ausgearbeitete Lösung auf. Ich war ehrlich erstaunt und lobte diesen für seine gute Arbeit.
Erst am Nachmittag fiel mir dann auf, dass seine Lösung zu 100% der Klett-Musterlösung entsprach. Kurzum: Der Schüler hatte sie im Unterricht einfach abgeschrieben, um sie daraufhin als seine eigene auszugeben.
Wie kam er dazu? Wer Google bemüht, findet die Antwort als ersten Suchtreffer:
Man kann die kompletten Lösungen des NRW-Schülerbuches des Lambacher Schweizers der 9. Jahrgangsstufe von der Klett-Webseite als PDF herunterladen; hier ist der Link (Stand 13.3.2025):
Da die gedruckte Version der Lösungen für gute 26€ verkauft wird, dürfte es sich um ein Versehen handeln. Aber der Schaden ist angerichtet – sicherlich haben die meisten meiner Schüler die PDF-Lösungen längst auf ihren iPads gespeichert und können sich ihrer jederzeit bedienen, selbst während des Unterrichts.
Ich habe Klett deswegen angeschrieben und bin auf die Reaktion gespannt.
Ich stehe häufiger vor dem Problem, dass ich – z.B. für Klausuren – mathematische Aufgaben verwenden möchte, die mir nur in Formaten zur Verfügung stehen, die sich nicht leicht bearbeiten lassen – etwa als PDF-Dateien, Bilder oder nur in gedruckter Form. In der Vergangenheit erwischte ich mich dann häufiger dabei, wie ich sie mühselig abtippte.
Jetzt überlasse ich dies einer Software namens Mathpix – zu finden unter https://mathpix.com/, welche derlei Tätigkeiten in Sekundenschnelle in beeindruckender Qualität erledigt. (Nein, ich bekomme für diese Aussagen keinerlei Geld oder dergleichen.)
Umwandlung mathematischer Inhalte in Bildform
Hier ein Beispiel: Die folgende Aufgabe stammt aus dem exzellenten Buch „Analysis anschaulich 2“ von Friedrich Barth und Gert Krumbacher auf S. 54 (zu finden unter http://www.eumenides.de/), welches unter einer Creative-Commons-Lizenz in PDF-Form veröffentlicht wurde.
In der Mathpix-App kann davon ein Screenshot erstellt werden, in man (z.B. per Tastaturkürzel) den Auswahl-Modus aktiviert, um dann mit der Maus die Aufgabe auszuwählen. Eine Sekunde später erhält man Folgendes:
Ein Klick auf „Open DOCX“ genügt nun, um eine voll anpassungsfähige Word-Dateien zu erhalten.
Konvertierung von ChatGPT-Inhalten
Noch etwas einfacher ist es, wenn man Inhalte verwenden möchte, die ChatGPT kreiert hat. Angenommen, wir möchten ein ausführliches Beispiel für die Verwendung des Hauptsatzes der Differenzial- und Integralrechnung verwenden. ChatGPT liefert beispielsweise dies hier.
Klickt man nun auf das Kopieren-Symbol unten links, wird (Stand: 6.11.24) der komplette Inhalt, insbesondere auch die Formeln, in der sogenannten Markdown-Codierung gespeichert, mit dem weder Word noch OneNote allzu viel anfangen können. Mathpix kann dies jedoch sehr einfach in eine Word-Datei konvertieren. Hierzu wählt man „Create Snip from text“ (das Tastatur-Symbol, siehe nächstes Bild), aktiviert „MARKDOWN“ und fügt die ChatGPT-Inhalte in den Eingabebereich ein.
Ein Klick auf „Save“ genügt, um mit einem weiteren Mausklick eine Word-Datei abrufen zu können.
Kosten
Nachvollziehbarerweise halten die Betreiber die Hand auf, wenn man das Tool intensiv nutzen möchte, doch für eine gelegentliche Nutzung ist es kostenlos. Konkret sind 10 „Snips“ pro Monat kostenfrei, wobei sich diese Anzahl verdoppelt, wenn man sich mit der Mail-Adresse einer Bildungsinstitution anmeldet – bei meiner Schul-Mail („blubblubb@annette.ms.de“) war dies so. Die Umwandlung von Markdown in Word-Dateien wird bei dieser Limitierung übrigens nicht dazugezählt.
Für die beschriebenen Einsatz-Szenarien ist dies meines Erachtens vollkommen ausreichend.
Fazit
Einen kleinen Schönheitsfehler gibt es dann noch: Die Sprache wird in der Windows-App momentan nicht automatisch erkannt und muss von Hand umgestellt werden. Dies bewerkstelligt man, indem man in Word unten auf die eingestellte Sprache „Englisch (Vereinigte Staaten)“ klickt (siehe Bild unten).
In der Webversion besteht dieser Fehler nicht mehr und die Entwickler hatten mir zugesichert, diesen Fehler auch in der Windows-App zu beheben, nachdem ich sie darauf aufmerksam gemachte hatte.
Mathpix gibt es ferner auch Android und die Apple-Welt und damit für sämtliche Mobilgeräte, wodurch man auch gedruckte Mathematik-Aufgaben mittels Kamera direkt digitalisieren und konvertieren kann. Das Resultat wird dann in der Mathpix-Cloud gespeichert und kann bequem am PC abgerufen und weiterverarbeitet werden.
Zusammenfassend ist Mathpix für mich ein Tool, das so manche Aspekte meines Workflows angenehm erleichtert. Beide Daumen hoch!
Neulich, in der letzten Stunde vor der Klassenarbeit der 5c während einer Fragerunde: „Und wenn man die Klassenarbeit schon hat?“ Ich brauche ein Sekunde, um zu verstehen, was Christian (Name geändert) damit gemeint haben könnte, als er auch bereits für alle gut hörbar seinem Mitschüler neben ihm erklärt, dass er ein altes Exemplar von seiner Nachbarin erhalten hätte, die – wie er betont – eine Einserschülerin gewesen sei.
Ich murmele irgendetwas Nichtssagendes und verfluche mich still dafür, dass ich die Klassenarbeit in der Pause zuvor bereits gedruckt habe und nun einstampfen kann. Tatsächlich war ich der Meinung, wenigstens Fünftklässler seien noch nicht so gerissen, sich Vorteile zu verschaffen, indem sie versuchen, alter Klassenarbeiten habhaft zu werden, weswegen ich diese getrost wiederverwenden könne. Und dann ausgerechnet die Obertröte Christian!
Also eine Stunde Extraarbeit für mich, um Zahlen zu verändern und Textaufgaben abzuwandeln. Nachdem die Schüler die Klassenarbeit am Folgetag geschrieben und abgegeben haben, höre ich erneut Christian, wie er einem Mitschüler zuraunt, dass das bei ihm wohl eine Vier werden würde – meine Bemühungen waren also von Erfolg gekrönt.
Lieber Christian, natürlich habe ich deine Arbeit bereits überflogen. Lass dir sagen: Das ist nie und nimmer eine Vier.
P.S.: Zufälligerweise sprach mich einige Tage später eine Neuntklässlerin während einer Pausenaufsicht darauf an, ob denn die Klassenarbeit der 5c so ähnlich, wie ihre damals gewesen sei. Ich musste grinsen: „Nein, tut mir leid! Christian hatte es am Vortag bereits herausposaunt.“
Seit Beginn dieses Schuljahres unterrichte ich wieder eine 5. Klasse in Mathematik. Die Schüler dieser Klasse bilden einen bunt zusammengewürfelten Haufen, denn die meisten kennen sich nicht, da sie von etlichen verschiedenen Grundschulen stammen.
Um die Vorkenntnisse dieses Haufens besser einschätzen zu kennen, lasse ich die Schüler bereits in der zweiten Woche einen Test schreiben – natürlich unbenotet. Beim diesjährigen Durchgang beherrschten von den 24 Teilnehmern bloß 5 die schriftliche Division mit einem einstelligen Divisor (konkret sollte 8540:4 berechnet werden).
Ich finde es bestürzend, dass es den Grundschulen offenbar mehrheitlich nicht gelingt, den Kindern die schriftlichen Grundrechenarten zu vermitteln! Aber vielleicht finden sich entlastende Hinweis im Kernlehrplan (von NRW)?
Tatsächlich gibt es gegenwärtig zwei Kernlehrpläne, einen neuen und einen auslaufenden. In beiden heißt es einschränkend:
„Die Schülerinnen und Schüler führen die schriftlichen Rechenverfahren der Addition, Subtraktion und Multiplikation sicher aus.“ (Quelle)
Die schriftliche Division muss also nicht sicher beherrscht werden. Bei der auslaufenden Fassung heißt es ergänzend:
„Nicht von allen Schülern wird am Ende des 4. Schuljahres für die schriftliche Division die sichere automatisierte Beherrschung des Standardalgorithmus verlangt.„
Also nicht von allen? Offenbar noch nicht einmal von denjenigen mit einer Gymnasialempfehlung?
Dies bedeutet natürlich nicht, dass die Grundschüler die schriftliche Division gar nicht beherrschen sollen, denn zu den Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4 gehört nämlich auch Folgendes:
„Die Schülerinnen und Schüler erläutern die schriftlichen Rechenverfahren […] der Division mit Verwendung der Restschreibweise (durch einstellige und wichtige zweistellige Divisoren, z. B. 10, 12, 20, 25, 50).“ (Quelle)
Den nominellen Unterschied zwischen „erläutern“ und „sicher ausführen“ durfte ich in den letzten Wochen selbst erleben, als ich versuchte, meiner Klasse die schriftliche Division beizubringen. Ohne ins Detail zu gehen: Das hat niemandem Spaß gemacht (und 5 der Schüler haben sich gelangweilt).
Die obigen Zitate stammen sämtlich aus der auslaufenden Version des Primarstufen-Kernlehrplans. Bei der neuen Fassung wurde die Anforderung an die Division noch weiter reduziert; man vergleiche:
„Die Schülerinnen und Schüler erläutern die schriftlichen Rechenverfahren […] der Division (durch einstellige Divisoren) mit Verwendung der Restschreibweise.“ (Quelle; dort auf Seite 88)
Meine fünfjährige Tochter hat ihr erstes „Freundebuch“ bekommen, in welches sich ihre Kindergarten-Freundinnen verewigen dürfen. Unter anderem dürfen sie auf einem Zahlenstrahl ihre Größe eintragen:
Peinlicherweise findet sich der Fehler auf wirklich jeder einzelnen Seite.
Aber es gibt noch mehr Menschen in dieser Branche, die mit dreistelligen Zahlen auf Kriegsfuß stehen. Wir besitzen von mehreren Verlagen inzwischen Puzzles mit „100 Teilen“:
Tatsächlich sind es aber fast immer genau 104 Teile (aufgrund des 13*8-Formats), aber solche Details mögen die Verlage der Kundschaft offenbar nicht anvertrauen, oftmals nicht einmal im Kleingedruckten. Wenn sie wenigstens ein „Ca.“ davor geschrieben hätten…
Dieser Tage haben die Zehntklässler die neu eingeführten zentralen Abschlussprüfungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch geschrieben.
Die Prüfungen sind durchaus lang, in Mathematik beispielweise 120 Minuten, von denen maximal 30 Minuten für den ersten – hilfsmittelfreien – Teil verwendet werden dürfen. Wer diesen ersten Teil früher abgibt, hat entsprechend mehr Zeit für den zweiten Teil, bei dem die üblichen Hilfsmittel wie Formelsammlung und Taschenrechner verwendet werden dürfen.
Aber das wäre offenbar zu einfach, weswegen sich das Schulministerium einen neuen Kniff hat einfallen lassen: Die Bonuszeit.
Was bedeutet das jetzt konkret? Anstelle einer Prüfungsdauer von 120 Minuten und höchstens 30 Minuten für Teil 1, dauert die Prüfung de facto 130 Minuten, von denen höchstens 40 Minuten für Teil 1 verwendet werden dürfen. – Das hätte man natürlich auch direkt so schreiben können, aber so klingt es doch sehr nach Geschenk…
Könnte man getrost in die Schublade „Shit happens“ einsortieren, hätte ich nicht bereits vor geraumer Zeit einen Supermarkt-Mitarbeiter auf die Diskrepanz aufmerksam gemacht. Dieser hatte sich daraufhin zwei Packungen geschnappt und war damit zur Überprüfung ins Büro getrottet.