Digital oder real?

eBooks vs. gedruckte Mathematik-Lehrbücher

Die Schüler einiger meiner Kollegen hatten im vergangenen Schuljahr das Privileg, im Rahmen der anlaufenden Digitalisierung unserer Schule (alle haben iPads!) zusätzlich zu den normalen Lehrbüchern – bei uns ist dies der Lambacher Schweizer – die dazugehörigen eBooks zu verwenden.

Zum Schluss des Schuljahres wurde bei den betroffenen Klassen eine Meinungsumfrage durchgeführt, welche offenbar ein gemischtes Bild ergab. Während manche das gedruckte Buch aufgrund der besseren Übersichtlichkeit bevorzugten, favorisierten andere Schüler das eBook – zumal man dann nicht zusätzlich ein Buch einpacken muss.

Welche Schlussfolgerungen erlaubt nun eine solche Datenlage?

Antwort: Man sucht sich eine solidere Grundlage, die man für Schlussfolgerungen fürs Klassenzimmer heranzieht, z.B. die Meta-Analyse Don’t throw away your printed books: A meta-analysis on the effects of reading media on reading comprehension, welche unterm Strich ein besseres Textverständnis bei der Verwendung von gedruckten Büchern sieht.

Nun sind Mathematik-Lehrbücher aber sind in der Regel kaum mehr als Aufgabensammlungen*, weswegen sich die Frage stellt, in wieweit die in den Studien erzielten Aussagen auf Mathematik-Lehrbücher übertragbar sind. Tatsächlich verwenden die Schüler in der Oberstufe das Buch zumeist nur noch dafür, die zu bearbeitenden Aufgaben abzufotografieren und in OneNote oder GoodNotes einzufügen. (Und wer kein Buch dabei hat – das ist die Mehrheit -, wartet auf einen AirDrop des entsprechenden Schnipsels.)

Aber vielleicht ist „eBook oder gedrucktes Buch?“ ohnehin die falsche Frage, denn bei der Digitalisierung des Unterrichts kann es nun wirklich nicht darum gehen, echte Tinte durch virtuelle auszutauschen und ansonsten wie gehabt fortzufahren. Ersetzt man also gedruckte Lehrbücher durch digitale, ergibt sich erst dann ein wirklicher Mehrwert, wenn diese digitalen Aufgabensammlungen imstande sind, eine automatisierte Binnendifferenzierung durch Aufgabenauswahl und gestaffelte Hilfestellungen vorzunehmen. Eine Lern-App könnte und sollte erkennen, wo die Schwierigkeiten des Schülers liegen und auf diese gezielt eingehen.

In den USA gibt es diesbezüglich etwa erste Versuche (Khanmigo), mittels KI wie GPT dies umzusetzen, und hierzulande ist – ohne Werbung machen zu wollen, denn ich selbst habe damit noch keinerlei Erfahrungen sammeln können -, mit der Kooperation von Studyly mit Klett ein ähnliches Produkt auf dem Markt erschienen (siehe hier).

* Die beigefügten Erklärungen mathematischer Sachverhalte sind aus meiner Sicht leider allzu oft nicht gerade optimal für ein eigenständiges Erarbeiten, und damit nur bedingt schülergeeignet. Auch die Beispiele (jedenfalls beim Lambacher Schweizer) sind aus didaktischer Sicht beklagenswert häufig eher bemitleidenswert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert