Grundschule und die Grundrechenarten

Grundschule und die Grundrechenarten

Rechnen als Herausforderung

Seit Beginn dieses Schuljahres unterrichte ich wieder eine 5. Klasse in Mathematik. Die Schüler dieser Klasse bilden einen bunt zusammengewürfelten Haufen, denn die meisten kennen sich nicht, da sie von etlichen verschiedenen Grundschulen stammen.

Um die Vorkenntnisse dieses Haufens besser einschätzen zu kennen, lasse ich die Schüler bereits in der zweiten Woche einen Test schreiben – natürlich unbenotet. Beim diesjährigen Durchgang beherrschten von den 24 Teilnehmern bloß 5 die schriftliche Division mit einem einstelligen Divisor (konkret sollte 8540:4 berechnet werden).

Ich finde es bestürzend, dass es den Grundschulen offenbar mehrheitlich nicht gelingt, den Kindern die schriftlichen Grundrechenarten zu vermitteln! Aber vielleicht finden sich entlastende Hinweis im Kernlehrplan (von NRW)?

Tatsächlich gibt es gegenwärtig zwei Kernlehrpläne, einen neuen und einen auslaufenden. In beiden heißt es einschränkend:

Die Schülerinnen und Schüler führen die schriftlichen Rechenverfahren der Addition, Subtraktion und Multiplikation sicher aus.“ (Quelle)

Die schriftliche Division muss also nicht sicher beherrscht werden. Bei der auslaufenden Fassung heißt es ergänzend:

Nicht von allen Schülern wird am Ende des 4. Schuljahres für die schriftliche Division die sichere automatisierte Beherrschung des Standardalgorithmus verlangt.

Also nicht von allen? Offenbar noch nicht einmal von denjenigen mit einer Gymnasialempfehlung?

Dies bedeutet natürlich nicht, dass die Grundschüler die schriftliche Division gar nicht beherrschen sollen, denn zu den Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4 gehört nämlich auch Folgendes:

Die Schülerinnen und Schüler erläutern die schriftlichen Rechenverfahren […] der Division mit Verwendung der Restschreibweise (durch einstellige und wichtige zweistellige Divisoren, z. B. 10, 12, 20, 25, 50).“ (Quelle)

Den nominellen Unterschied zwischen „erläutern“ und „sicher ausführen“ durfte ich in den letzten Wochen selbst erleben, als ich versuchte, meiner Klasse die schriftliche Division beizubringen. Ohne ins Detail zu gehen: Das hat niemandem Spaß gemacht (und 5 der Schüler haben sich gelangweilt).

Die obigen Zitate stammen sämtlich aus der auslaufenden Version des Primarstufen-Kernlehrplans. Bei der neuen Fassung wurde die Anforderung an die Division noch weiter reduziert; man vergleiche:

Die Schülerinnen und Schüler erläutern die schriftlichen Rechenverfahren […] der Division (durch einstellige Divisoren) mit Verwendung der Restschreibweise.“ (Quelle; dort auf Seite 88)

Flieger über Flieger

Flieger über Flieger

Die Bilingualen und der Sport

Die Münsteraner Gymnasien befinden sich in einer privilegierten Situation, da Münster eine große Universität beherbergt und voller Akademiker ist. Das Gymnasium, an dem ich arbeite, schöpft dank einer Reihe von Angeboten, welche insbesondere bildungsaffine Eltern anspricht und für die die Schule vor einigen Jahren mit dem Deutschen Schulpreis prämiert worden ist, dabei den Rahm voll ab: Beispielsweise sitzt in der Mehrzahl der Lerngruppen mindestens ein Professorenkind.

In einem besonderen Fokus jener Bildungsinteressierten ist sicherlich der bilinguale Zweig unserer fünfzügigen Schule. Jeweils die „b“-Klasse eines jeden Jahrgangs bekommt neben dem regulären Englisch-Unterricht ein oder mehrere Fächer wie Geschichte oder Biologie komplett in Englisch präsentiert. Bei der jetzigen 9b beispielsweise, deren Klassenleitung ich mir mit einer Kollegin teile, stammt gut die Hälfte der Kinder aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil sich mit einem Doktortitel schmücken kann.

Diese Kinder sind nach intellektuellem Leistungsvermögen selektiert. Umso überraschender ist es daher, dass sie auch sportlich überragend zu sein scheinen! Bei unserem diesjährigen Sportfest gewannen mit einer Ausnahme in jedem Jahrgang die bilingualen Klassen, meine 9b räumte sogar den Gesamtsieg der Schule ab (ich schreibe dies ohne jeden Stolz, denn als Mathe-Lehrer habe ich dazu natürlich keinen Beitrag geliefert).

Ich finde es bemerkenswert, wie stark der Mindset der Leistungsorientierung hier durchschimmert.