Elternsprechzeiten und das Windhundprinzip

Elternsprechzeiten und das Windhundprinzip

Gestaffelte Terminvergabe bei den Elternsprechzeiten (vormals: Elternsprechtage)

Die Zeiten, zu denen für die Elternsprechzeiten (vormals: Elternsprechtage) Zettel mit Termin-Listen zum Eintragen unter den Schülern zirkulierten, sind glücklicherweise vorbei, denn dieses Vorgehen war zäh und zeitraubend und außerdem ungerecht, da manche eher zum Zug kamen als andere. Heutzutage erhalten die Eltern unserer Schule einen Account für eine Webseite (wir nutzen momentan dazu das Webtool „Otis“), mit deren Hilfe sie sich direkt Termine bei jenen Lehrern sichern können, mit denen sie sprechen wollen.

Wie sich herausgestellt hat, gehen mit diesem Vorgehen ganz eigene Probleme einher, wovon ich im Folgenden berichten möchte. Dazu muss man sich zwei Aspekte vergegenwärtigen: Zum einen sind manche Lehrer, insbesondere die Klassenlehrer und die Vertreter der schriftlichen Fächer, gefragter als andere, zum anderen unterrichten die meisten Lehrer mehr Schüler, als die beiden Nachmittage der Elternsprechzeiten Termine bieten.

Ich beispielsweise stehe in meiner Funktion als Klassenlehrer wie auch als Mathematik-Lehrer im Fokus der Aufmerksamkeit der Elternschaft, und meinen knapp 180 Schülern stehen bloße 29 zehnminütige Termine gegenüber (weil ich in bequemer Teilzeit bin; eine Vollzeitlehrkraft hätte 36 Termine – aber auch mehr Schüler als ich). Vor einem Jahr etwa war ich daher nach Freischaltung der Anmeldemöglichkeiten in kürzester Zeit ausgebucht, woraufhin jene Eltern, die zu spät kamen, damit begannen, mein Postfach mit Anfragen zu fluten.

Selbstredend haben auch diese Eltern ein Anrecht darauf, mit den Lehrern ihrer Kinder zu sprechen, was dann jedoch nach individueller Terminvereinbarung nach den eigentlichen Elternsprechzeiten geschah und sich über einen längeren Zeitraum hinzog. Zumal es bei solchen Gesprächen nicht bei den – im Grunde genommen viel zu knappen – 10 Minuten blieb und es sich deshalb zu einer insgesamt zeitintensiven Angelegenheit auswuchs.

Dafür hatte ich in den regulären Elternsprechzeiten Eltern sitzen, die bloß einmal den Lehrer kennenlernen wollten oder solche, deren Kinder sich ohnehin im guten bis sehr guten Leistungsniveau bewegten (manche der letztgenannten Eltern kamen natürlich mit dem sprichwörtlichen Helikopter angeflogen). Dies waren zwar im Allgemeinen die angenehmeren Elterngespräche, aber sie schnappten den dringenderen Fällen unter meinen Schülern die Plätze weg.

Da ich nicht der einzige mit diesem Problem war, schränkte die Schulleitung bei den folgenden Elternsprechzeiten die Zahl der Termine, die die Eltern am ersten Tag nach Beginn der Term-Anmeldungen auf maximal fünf ein. Womit sich nichts änderte: Ein Blick in die Anmeldelisten zeigte, dass die wenigsten Eltern sich überhaupt so viele oder gar noch mehr Termine aufbürdete  auch wenn es dies freilich auch gab. Die meisten begnügten sich ohnehin mit höchstens drei Gesprächsterminen.

Für die jetzigen Elternsprechzeiten habe ich mir als Reaktion darauf eine neue, dreiteilige Strategie zurecht:
 

  1. Zunächst blockte ich eine Reihe von Terminen vor Anmeldebeginn für zweierlei Zwecke. Zum einen reservierte ich Termine für jene Schüler bzw. deren Eltern, bei denen von meiner Seite aus Gesprächsbedarf bestand (Otis bietet hierfür ein Termin-Vorschlags-System), zum anderen blockierte ich eine Reihe von Terminen als Puffer.
  2. Dann wartete ich den offiziellen Anmeldebeginn ab (ich war nach sieben Minuten ausgebucht).
  3. Nach einigen Tagen sammelte ich die inzwischen hereingeflatterten Mails jener Eltern, die leer ausgegangen waren und sich damit nicht abfinden wollten. Diese priorisierte ich nach Dringlichkeit und nutzte die zuvor reservierten Puffer, um diesen Terminvorschläge anbieten zu können.

Fazit: Stressfreie Elternsprechzeiten leicht gemacht.

Schlechtschreibung (Teil 2)

Schlechtschreibung (Teil 2)

Orthographie bei den MINT-Fächern

„Also, das ist frech!“, hörte ich einen Schüler zu einer Mitschülerin sagen, nachdem dieser jenen Punktabzug entdeckt hatte, welcher aus seiner 3 eine 3- machte. Dieser Punktabzug war nicht die Folge inhaltlicher Fehler. Er hatte ihn sich wegen seiner mangelhafter Rechtschreibung redlich verdient – und das in einer Mathematik-Klausur!

Diese Maßnahme war für mich tatsächlich ein Novum, schließlich wird in Mathematik bekanntermaßen eher gerechnet als geschrieben. Aber wenn Begründungen und Interpretationen mathematischer Sachverhalte verschriftlicht werden müssen, kommt auch dies natürlich vor. Und hier patzte dieser Schüler nach allen Regeln der Kunst: Falsch geschriebene Wörter, verunglückte Grammatik bei überwiegender Kleinschreibung jeglicher Wörter, selbst bei Satzanfängen. Dies alles bei weitgehendem Verzicht auf jedwede Zeichensetzung.

Er kam schließlich auf mich zu und beschwerte sich über die Abwertung. Man könne doch verstehen, was gemeint sei…

Als ich 2016 in einem Gymnasium zu unterrichten anfing und Achtklässler Aufsätze in einem Naturwissenschafts-Wahlpflichtkurs zum Thema Astronomie schreiben ließ, war ich bereits damals über deren miese Rechtschreibung so bestürzt, dass ich tatsächlich meine alten Schulsachen durchwühlte, um herauszufinden, ob ich in diesem Alter ebenso war.

Nun, ich war es nicht. Zumindest wurde in meiner ältesten Deutscharbeit, die ich finden konnte (9. Klasse), bloß ein einziger Fehler vom Lehrer moniert (geholfen hat mir das nur bedingt; ich bekam für den Aufsatz eine 2-).

Aber das waren Achtklässler, außerdem gab ich danach nur noch Unterricht in Mathematik oder Informatik, wo Rechtschreibung schon deshalb von untergeordneter Relevanz war, weil eben nur gelegentlich ganze deutsche Sätze ihren Weg aufs Papier fanden. Und so ist es umso bedauerlicher, dass sich inzwischen selbst in der Oberstufe etliche Schüler tummeln, für die korrektes oder auch nur annähernd korrektes Schriftdeutsch immer mehr eine Herausforderung bedeutet.

Die nordrhein-westfälische Prüfungsordnung der Oberstufe (APO-GOSt §13 Abs. 2) räumt jedem Lehrer die Möglichkeit ein, Klausuren um bis zu 2 Notenpunkte abzuwerten, um „Verstöße gegen die sprachliche Richtigkeit […] angemessen zu berücksichtigen“.

Dem eingangs erwähnten Schüler hatte ich in meiner Excel-Tabelle, die für mich die Bewertungen erstellt, noch einen etwas willkürlichen Malus von 4 Bewertungspunkten vergeben, um eine Abwertung um einen Notenpunkt zu erreichen – dies einfach deshalb, weil ich die Möglichkeit einer direkten Noten-Abwertung in der Tabelle schlicht nicht vorgesehen hatte.

Inzwischen habe ich da nachgebessert. Es ist nötig.

Schlechtschreibung (Teil 1)

Schlechtschreibung (Teil 1)

Orthographie bei Schüler-Mails

Meine Schüler schreiben mir regelmäßig Mails. Letztens kam diese hier:

Zum Hintergrund: Am Freitag vor den Osterferien kamen meine Achtklässler ihre Mathematik-Klassenarbeit zurück und der betroffene Schüler fehlt krankheitsbedingt. Also eine verständliche Anfrage, und ich möchte betonen, dass dieser Schüler nicht im Mindesten daran interessiert ist, über die Ferien Mathematik zu lernen, denn dafür wäre die Option, sich „nur die note“ schicken zu lassen, natürlich abwegig… außerdem kenne ich den Schüler gut.

Auffallend ist die miserable Rechtschreibung. Klar, auf Wortebene stimmt das meiste, aber da greift ihm einfach die Rechtschreibkorrektur des iPads unter die Arme (wie sähe die Mail wohl ohne aus?), Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichensetzung erschienen hingegen wohl weitestgehend unnötig.

Eine solche Mail wäre nicht der Rede wert, wenn sie die Ausnahme wäre. Ist sie aber leider nicht, ganz im Gegenteil: Die überwiegende Mehrheit aller Schüler-Mails, die mich erreichen, ist mittlerweile von dieser Bauart – selbst von Oberstufenschülern.

(Vollständig fehlerfreie Schüler-Mails erhalte ich übrigens so gut wie nie.)

Meine Standard-Antwort auf derlei Mails, die alle Schüler erhalten, von denen ich glaube, dass sie es eigentlich besser können müssten bzw. sich beim Verfassen erkennbar keinerlei Mühe gegeben haben, sieht inzwischen so aus:

Manche der so Bedachten geben daraufhin resigniert auf und versuchen es – wenn überhaupt – in der nächsten Stunde auf mündlichem Wege. Im oben genannten Fall erhielt ich hingegen etwa eine halbe Stunde später eine überarbeitete Version:

Gleich viel besser, nicht (wenn auch weiterhin nicht fehlerfrei)? Die „Belohnung“ folgte umgehend: